Ich (Felix) bin jemand, der dazu neigt, Spiele oft und lange zu spielen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die Spiele durchspielen und weglegen, sondern ich spiele sie gerne öfter oder - im Fall von Multiplayerspielen – länger, bis ich darin besser werde. Mit AoE2 habe ich es geradezu auf die Spitze getrieben. In keinem anderen Spiel habe ich dermaßen viel Spielzeit und über kein anderes Spiel hatte ich jemals einen dedizierten Podcast. Doch was all diese Spiele eint, ist die Erfahrung, dass man mit zunehmender Spielzeit immer mehr Kleinigkeiten bemerkt, die einen nerven und die man am liebsten einfach nicht mehr tun würde – doch leider gehören sie zum Spiel dazu. Oder Dinge, die einem am Anfang gar nicht übertrieben stark vorkommen, doch je besser man wird, desto mehr fällt einem auf, dass man nur noch nie richtig damit umgehen konnte. Und so möchte ich heute meinen Frust rauslassen über 2 Mechaniken: Einerseits die aktuell weithin umstrittenen Mönche und andererseits über ein unschuldiges Tier: Die Rehe, Strauße, Ibex, Zebra, Gazellen und was es mittlerweile noch alles zum Randrücken geben mag.
Fangen wir mit den Mönchen an: Eine Einheit, die langsam ist, extrem viel Aufmerksamkeit erfordert, sich von alleine erst verteidigt, wenn es bereits zu spät ist und außerdem viel von der vermeintlich wertvollsten Ressource im Spiel kostet: Gold. Und doch ist es die wohl stärkste und kaputteste Einheit im ganzen Spiel. Die Fähigkeit, eine gegnerische Einheit auf die eigene Seite zu ziehen ist nämlich viel stärker als sie auf den ersten Blick scheint: Nicht nur verliert der Gegner eine Einheit, sondern man selbst bekommt sie auch noch dazu. Sofern man nicht gerade einen einzelnen Pikeman oder Skirmisher konvertiert, bedeutet das also im Grunde in jedem Fall, dass eine einzelne Bekehrung genügt, damit sich der Mönch auszahlt; auch wenn er direkt im Anschluss stirbt. Und das ist nur der direkte Effekt der Einheit. Sie kann auch noch heilen und Reliquien holen.
Doch auch das sind nur die „direkten“ Effekte: Die Anwesenheit eines oder mehrerer Mönche kann ganze Kämpfe vollkommen drehen. Hört man das Geräusch, das einem sagt, dass die Bekehrung begonnen hat, so liegt es häufig nahe, die Mönche direkt anzugreifen, bevor sie Bekehrungen bekommen. Dadurch kämpfen die eigenen Einheiten zunächst nicht, sondern müssen die Mönche töten. Auch nach einer Bekehrung möchte man den Mönch noch unbedingt töten, um ihm keine weiteren zu ermöglichen.
Wie sehr sich das auf ein Spiel auswirkt, hängt meiner Erfahrung nach davon ab, welche Einheiten daneben gespielt werden. Im Kampf Archer gegen Archer spielen sie kaum eine Rolle, im Kampf Kavallerie gegen Kavallerie sind sie, meines Erachtens, vor allem nervig: Man konvertiert die Ritter hin und her, ab und an mal ein Kamel und wer zuerst mehr Mönche hat, gewinnt häufig. Schlimm wird es jedoch, wenn Ritter gegen Bogenschützen kämpfen: Bekanntermaßen sind Bogenschützen aktuell sehr stark, insbesondere der Powerspike am Anfang der Ritterzeit ist schwer gefürchtet als Kavallerie-Spieler. Eine übliche Antwort darauf können Belagerungseinheiten wie Mangen oder Skorpione sein, da Plänkler mit zusätzlichen Ressourcen und Technologien verbunden sind. Spielt der Archer-Spieler auch nur einen Mönch dazu und bekehrt einen Ritter, kann der jedoch problemlos mindestens eine Belagerungswaffe rausnehmen. Mit Redemption sieht es gleich noch schlimmer aus. Hier sind Mönche wirklich nahezu gamebreaking.
Diese Dynamik sorgt nicht nur für Frust auf der einen Seite, sondern nimmt auch von der Entscheidungsvielfalt weg, die es „früher“ eher gab. Früher überlegte man, ob man Pikes baut, Kamele oder ob Bogenschützen das auch alleine hinbekommen. Aktuell scheint das Vorgehen ganz klar zu sein: Sehe Ritter, baue Kloster. Und das halt ich für keine gute Entwicklung, lebt dieses Spiel doch so stark vom Decisionmaking. Das einzig positive für mich daran ist, dass ich öfter Einsatzbereiche für eine meiner Lieblingsheinheiten, Lightcav, habe. Wenn ich dann aber ein Spiel mit Maya gewinne, in dem ich auf dem Endscreen mehr Ritter habe als der Berber-Gegner, frage ich mich jedoch, ob es mir das wert ist…
Und was hat es nun mit den Rehen auf sich? Auch sie sind mittlerweile zu einem unumgänglichen Teil jedes Spiels geworden, sodass ich kaum noch das Gefühl habe, dass es eine strategische Entscheidung ist, ob ich sie nun pushen möchte oder nicht. Vielmehr sind sie zum Standard geworden, die schnellen Builds der aktuellen Meta setzen regelmäßig mindestens zwei Deer voraus. Es ist also nur noch Glück, wie nah sie sind, ob gar eine Woodline dazwischen ist. Wir haben letztlich die Entscheidung zwischen Scouting und Eco durch Glück, lästige Fleißarbeit und blind counter ersetzt.
Ein Punkt, an dem man sich so langsam die Frage stellen muss, warum wir das deer auf einigen Karten überhaupt noch in dieser Form haben und nicht einfach mit mehr Ressourcen starten: Dann könnte man wieder ordentlich scouten und müsste sich nicht über störrisches oder gar hinter Klippen und Wäldern verstecktes Wild ärgern.
Gefühlt entscheidet sich meine Strategie oder gar der Spielverlauf allgemein mehr nach Position und Entfernung von Rehen als irgendetwas sonst. Denn man klickt so schnell hoch, dass hiervon abhängt, wie viele Einheiten oder Upgrades man sich leisten kann und dementsprechend auch, wer in die Offensive kommt. Mir persönlich werden dadurch zu viele Entscheidungen abgenommen. Ich würde gerne wieder mehr scouten können, mich auf den Gegner einstellen und nicht einfach anhand der Zivilisationen ungefähr erahnen was geschehen und gespielt wird, während mein zweites Deer es grade lustig findet, eine weitere Runde um die Woodline zu rennen, hinter der es gespawnt ist. |